Sonntag, 11. September 2016

Die Fachwerksanierung

Das Angebot

Zimmereien, insbesondere in Celle, bieten ganz gerne an die Sanierung "im Stundennachweis" zu machen. Meine Meinung: Nicht machen!

Ich habe beruflich auch mit Bau zu tun und manchmal ist Not am Mann, sprich es muss etwas schnell gehen und wird dann "im Stundennachweis" gemacht. Also, Erfahrung aus 15 Jahren Einkauf und Meinung von Kollegen die beruflich darauf spezialisiert sind: Es wird immer mehr. Na ja, vielleicht nicht immer, aber oft genug um ziemlich nah an immer ran zu kommen.

Der Knackpunkt ist doch: Ihr seid keine Fachwerkexperten. Das ist der Zimmereibetrieb. Jetzt wollt Ihr wahrscheinlich wissen was das kostet. Solange man alles sieht (von innen und aussen) sollte ein guter, ehrlicher Zimmereibetrieb in der Lage sein die Kosten zu beurteilen. Da es immer Überraschungen geben kann (und der Zimmermann ja auch nicht drauflegen will...insbesondere wenn genug andere Arbeit da ist) ist das fairste nach Massen abzurechnen. Sprich nach Metern ausgetauschtem Fachwerk, nach Anzahl hergestellter Verbindungen und nach Menge verwendetem Holz. Das gleiche gilt übrigens auch für den Maurer.

Jetzt sagt jemand (Zimmerei): Geht doch nicht! Also, der wo sowas sagt hat ja garkeine Ahnung. Wir machen das nie!  
Argument dagegen: Bei den "Standardausschreibungstexten" gibt es Passagen die genau das abdecken. Es gibt Zimmereien die genau das anbieten (und ich hab auch Zimmereien in Celle gefunden die das machen). Das Thema "Ruf" ist jetzt so eine Sache, deswegen hier mal als explizit Subjektiv gekennzeichnet: Die Zimmereibetriebe die nach Aufmaß anbiten haben nach dem was andere erzählen einen besseren Ruf als die welche auf Stunden bestehen - zumindest was die Kosten angeht.

Ich hatte jetzt auch eine Szene erlebt bei dem eine Zimmerei bei mir zur Besichtigung war und der Herr zufälliger Weise eine Kundin am Apparat hatte - sagen wir mal so, mit der Freundlichkeit war es extrem schnell vorbei! Merke: nur weil jemand beim Angebot freundlich ist muss er es nicht bleiben wenn es nachher ums Geld geht. Und Stunden sind im Verhältnis zur erledigten Arbeit eine extrem ungenaue und untransparente Maßeinheit im Verhältnis zu erledigter Arbeit (solange man nicht die ganze Zeit auf der Baustelle ist).

Die Frage ist jetzt: Wie komme ich an einen Ausschreibungstext der ganau meinen Fall abdeckt? Entweder ihr bezahlt jemanden dafür (Architekt) oder ein netter Zimmermann macht euch das gegen Bezahlung. (Das Endergebnis heißt dann "Leistungsverzeichniss").

Grundsätzlich gibt es folgende Themen nach denen abgerechnet werden kann:
- Meter bearbeitetes Holz plus Material (Ausbau und Einbau)
- Anzahl erstellter Verbindungen plus Material
- M² bearbeitete Fläche (Ausbau von Mauer, Ausmauern, etc)

Bei folgender Falle aufpassen: Es ist üblich und in der VOB festgelegt das Maueröffnungen unter 2,5 m² "übermessen" werden. Sprich habt ihr eine Wand mit 5 Türen mit 8,5 m² Fläche (und sonst nur 7m² Rest) dann wird das so abgerechnet als ob alles gemauert, verputzt, etc worden wäre.

Ich habe nun damit zu tun und auch die passende Software (AVA Orca, davon gibt es eine kostenlose Testversion - tolle Sache wenn man baut). Eine komplett kostenlose Variante ist AVA-Plan, man muss die Leistungsverzeichnisse halt mit einem pdf-Drucker ausgeben um das digital zu haben. Die komfortabelste Variante wären Angebote per gaeb Datei - damit arbeiten die kleineren Handwerksbetriebe aber meistens nicht.

Fenster & Türen



Das mit dem Denkmalschutz und den Fenstern ist so eine Geschichte. Grundsätzlich: Die Fenster müssen nach aussen aufgehen, die Einteilung der Sprossen muss stimmen und die Aussenverleistung soll der vorhandenen möglichst ähnlich sein. Ach ja, es müssen auch Holzfenster aus einheimischen Hölzern sein.

Nach aussen öffnende Fenster sind in Deutschland erstmal kein Standard. In Skandinavien dagegen schon.

Da weht ab und zu mal der Wind etwas kräftiger weswegen man Fenster gebaut bei denen die Fensterflügel von aussen an den Rahmen gedrückt werden - nach innen öffnende Fenster könnte der Wind aufdrücken.

Das besondere in Celle ist nun das die Fensterflügel vor der Rahmenebene liegen müßen. Zuerst dachte ich auch das es davon schon viele Ausnahmen geben wird da gefühlt die Mehrzahl der Fenster in der Innenstadt genau diesem Kriterium nicht entsprechen. Das liegt aber daran das die Gestalltungsrichtlinie welche die vorgesetzten Fenster vorschreibt erst 2011 in Kraft getreten ist.
Das Thema hier ist das solche Fenster niergends in Serie hergestellt werden, das sind immer Sonderanfertigungen (falls doch jemand einen Serienfertiger findet - ich poste das gerne hier). Die Firmen in ich gefunden habe die solche Fenster bauen ist Tischlerei Dittmer welche sehr viel in Lüneburg macht wo der Denkmalschutz sehr streng ist, Holztechnik Schaper die sozusagen das lokale Celler Unternehmen mit der Fähigkeit sind und Kramp Lemgo welche allgemein auf Denkmalschutz spezialisiert sind und die Fenster der Firma Pax verbauen. Es gibt sicherlich noch mehr, allerdings erhebe ich ja keinen Anspruch auf vollständigkeit und bei diesen Firmen weiß ich das Sie das geforderte können.
Für die rückwärtigen Fenster werden übrigens die Fenster der Firma Vrogum verwenden da diese eine exzellente Qualität haben (was man auch in der Fachwerkcommunity von Usern welche die Fenster haben nachlesen kann).


Was soll das Fenster können?

Wärmedämmung: Viel hilft viel ist nicht immer richtig - wenn das Fenster wesentlich besser dämmt als die Wand dann kommt es am Übergang zwischen Fenster und Wand zu Schwitzwasserbildung - und das wäre schlecht. Übliche Dämmwerte sind für Wände ist ein U-Wert von 2 bis 2,8 W/(m²·K) für eine alte Wand ohne Dämmung und 0,24 W/(m²·K) für eine moderne, vollgedämmte Wand. Alte Einscheibenfenster haben einen U-Wert von etwa 5,5 W/(m²·K) - das ist einfach nur schlecht. Die modernen Dreifachglasfenster haben zwischen 0,6 und 1,2 W/(m²·K). Der Unterschied zwischen Wärmedämmwert der Wand und Fenster sollte nun nicht allzu groß sein. In der Kombination die bei uns eingebaut wird beträgt der Unterschied 0,1 bis 0,3 W/(m²·K), das ist vernachlässigbar.

Schallschutz: In Celle ist es in der Innenstadt nicht gerade leise. Und wer da wie wir wohnen möchte sollte sich auch mal mit dem Thema Schallschutz beschäftigen. Es gibt nun verschiedene Schallschutzklassen bei Fenstern, wobei allein schon durch die Anforderung der Wärmedämmung der Schallschutz besser ist als bei alten Fenstern. Man kann da wirklich eine Wissenschaft draus machen (hohe Glasmassen filtern tiefe Frequenzbereiche während spezielle Folien hohe ausfiltern, das Schutzgas spielt auch noch eine Rolle, etc). Im allgemeinen glaube ich das bei den Rückwärtigen Fenstern eine Schallschutzklasse von 2 reicht und im Frontbereich eine Schallschutzklasse 3. Dabei spielt es eine Rolle das ab Schallschutzklasse 4 die Fenster einen signifikanten Preissprung machen. Ab da muss mit speziellen Kunststoffen im Glas gearbeitet werden und das kostet eben.

Welche Fensterausführungen gibt es?

Mal vorrausgesetzt das es sich um die beschriebenen Denkmalfenster handelt muss man folgende Entscheidungen treffen:

Fenstergröße: Abgesehen davon, das die Maueröffnung die Fenstergröße vorgibt ist eines besonders interessant. Ab einer Innenöffnungsgröße von 1,20m Höhe und 0,90m Breite kann das Fenster als Fluchtweg zählen. Dazu muss der Durchgang dann aber auch störungsfrei sein, sprich bei Doppelflügelfenstern darf in der Mitte kein Stulp (Mittelpfosten) sein.

Öffnungsrichtung: Ist in Celle ja automatisch nach aussen wenn Denkmalgeschützte Bereiche betroffen sind.

Wärmedämmung: Habe ich oben ja schon ein bisschen behandelt, grundsätzlich habe man die Auswahl zwischen Zweischeiben- und Dreischeibenglas. Dreischeibenfenster haben eine bessere Wärmedämmung, sind dafür aber auch teurer.

Sprossen: Haben die meisten Fenster, es soll grundsätzlich die Auteilung der Ursprünglichen Fenster beibehalten werden. Was noch ein Kniff ist: Der Celler Denkmalschutz hat teilweise noch historische Fotos und es kann sein das man die Sprosseneinteilung auch so wählen darf wie Sie ursprünglich war.

Fenstermaterial: Hier kommt schon mal nur Holz in Frage und da es sich um einheimische Hölzer handeln muss gibt es nur die Wahl zwischen Kiefer, Lärche und Eiche. Eichenfenster sind eher unüblich. Bei Kiefer und Lärche gibt es pro und contra Argumente: Lärche ist wiederstandsfähiger und wird bei Hausfassaden einfach im Rohzustand aufgenagelt. Das hält ohne Probleme Jahrzehnte. Allerdings "saugt" das Holz auch nicht gut und hat gerne mal Harzeinschlüsse welche im Lauf der Jahre die Fabe kaputt machen können. Bei Kiefer entsteht der Schutz eben durch die Farbe die sehr gut aufgenommen wird. Kieferfenster sind auch billiger als Lärchenfenster, dafür muss man streichen wenn sich die Farbe lößt, ansonsten geht das Fenster kaputt!